Rezension
ABC der globalen (Un)Ordnung
1. Oktober 2019 | Bernd Hüttner
Ein neues ABC-Handbuch von attac gibt einen Ãœberblick zur Globalisierung. Einhegung, nicht Ãœberwindung des Kapitalismus ist dabei das Ziel.
Im Jahr 2005 erschien im VSA Verlag das »ABC der Globalisierung«, 2006 das »ABC zum Neoliberalismus« (Von »Agenda 2010« bis »Zumutbarkeit«). Im Jahr darauf, wie alle anderen auch bei VSA, das »ABC der Alternativen«, von dem wiederum 2012 eine Version 2.0 auf den Markt kam. Das nun neu erschienene »ABC der (Un)Ordnung« setzt das Buch aus 2005 fort und aktualisiert es. Das strukturelle Konzept ist immer dasselbe. In hier: 126 doppelseitigen und mit weiterführenden Lektürehinweisen versehenen Artikeln werden viele wichtige Stichworte von ausgewiesenen Expert_innen (hier 114 an der Zahl) des jeweiligen Themas kurz beschrieben.
Dabei umfasst das Spektrum Basics, die auch 2005 schon enthalten waren; wie etwa »Kapitalismus«, »Armut«, »Deregulierung«, Verletzung der »Menschenrechte« oder »Neoliberalismus«. Andere sind neu hinzugekommen, wie »Klimawandel«, »Konkurrenz« oder »imperiale Lebensweise«. Das Themenfeld »Rassismus« ist mit Einträgen zu z.B. »Rechtspopulismus«, »Lager«, »Flucht«, »Grenzregime« und »Migration« ebenfalls vertreten, wie auch etliche Stichworte, etwa »Outsourcing«, »Digitalisierung« und »Künstliche Intelligenz« aus der Arbeitswelt. Politische Alternativen sind hier erwartungsgemäß nicht der Schwerpunkt, auch wenn es viele Stichworte dazu gibt, wie »Care«, »Commons«, »Identitätspolitik«, »Queer« oder »Teilhabe«.
Das vermutlich Dank des Zuschusses der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung äußerst preisgünstige ABC gibt sicherlich einen guten Überblick über die vielen Facetten der kapitalistisch-patriarchalen Gegenwart, beschreibt und kritisiert diese. Es erweckt auch den Eindruck einer umfassenden, fast schon lexikalischen Anlage. Viele Einträge sind allerdings in einer relativ akademischen Sprache verfasst, und es stellt sich nicht nur bei diesen die Frage, ob bestimmte Aspekte so kurz überhaupt angemessen darzustellen sind. Die Welt ist komplizierter geworden. Politisch liegen die allermeisten Texte auf der attac-Linie der Einhegung und Regulierung des Kapitalismus und nicht etwa seiner Überwindung.
Bibliografische Angaben
Claudia von Braunmühl/Heide Gerstenberger/Ralf Ptak/Christa Wichterich (Hg.): ABC der globalen (Un)Ordnung. Von »Anthropozän« bis »Zivilgesellschaft« (in Kooperation mit Friedrich-Ebert-Stiftung, taz und Wissenschaftlichem Beirat von attac), VSA Verlag, Hamburg 2019, 272 Seiten, 12,00 EUR.
Der Artikel erschien zuerst in ▸»Contraste«, Monatszeitung für Selbstorganisation. Wir danken für die Genehmigung zur Zweitveröffentlichung.
Bernd Hüttner ist Politikwissenschaftler. Er lebt und arbeitet in Bremen und ist Referent für Zeitgeschichte und Geschichtspolitik der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Webseite: www.bernd-huettner.de.