Austerität funktioniert nicht - Europa steckt nach wie vor in einer Rezession
10. Juni 2013 | Angelo Motola
Das sechste Quartal in Folge steckt Europa in einem Zustand der wirtschaftlichen Rezession. Die jüngsten von Eurostat bekanntgegebenen Zahlen zeigen, dass im ersten Quartal 2013 das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone (EU-17) um 0,2 Prozent gesunken ist, verglichen mit dem Vorquartal. In den 27 Staaten der Europäischen Union insgesamt ist das BIP um 0,1 Prozent gesunken. Neun der siebzehn Länder, die der Eurozone angehören, befinden sich momentan in einer Rezession.
Sogar in Deutschland, dem Motor der europäischen Wirtschaft, beginnt sich das Wachstum deutlich zu verlangsamen. Im ersten Quartal 2013 betrug es gerade noch armselige 0,1 Prozent – schlechter, als es Expertinnen und Experten erwartet hatten. Die Krise trifft alle Staaten, auch die traditionell stärkeren.
Es handelt sich um die längste Phase einer wirtschaftlichen Rezession seit der Einführung der einheitlichen europäischen Währung. Verglichen mit dem Vorjahr betrug der Rückgang des BIP ein Prozent. Die Folge war ein Anstieg der Arbeitslosenrate, die im März 2013 in der Eurozone das Rekordniveau von 12,1 Prozent erreichte (10,9 Prozent in der EU-27). Dies entsprach einem Anstieg um 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat.
Der Rückgang der Wirtschaftsleistung in der Eurozone um 0,2 Prozent im ersten Quartal 2013 bedeutet zwar eine leichte Verbesserung, verglichen mit dem Einbruch um 0,6 Prozent zwischen Oktober und Dezember 2012. Nichtsdestotrotz zeigen Analystinnen und Analysten hinsichtlich der wirtschaftlichen Aussichten der Eurozone eine gewisse Skepsis. Der alte Kontinent wird durch anhaltende Austeritäts- und Kürzungspolitik sowie durch Regierungskrisen in den der Rezession am stärksten ausgesetzten Ländern einer harten Belastung ausgesetzt.
Die Volkswirtschaften Deutschlands und Frankreichs machen zusammen die Hälfte der Produktion in der Eurozone aus. Heute nähern sie sich in gefährlicher Weise einem toten Punkt an. Nach Angaben von Eurostat haben im ersten Quartal 2013 im Euro-Währungsraum lediglich Deutschland und Belgien mit einem leichten Wachstum von 0,1 Prozent sowie die Slowakei mit einem Wachstum von 0,3 Prozent positive Werte erreicht. Außerhalb der Eurozone fallen die Werte Großbritanniens auf, hier betrug das Wachstum 0,3 Prozent im genannten Quartal (0,6 Prozent verglichen mit dem Vorjahr).
Gemäß einer Studie des PEW-Forschungszentrums in Washington, die am 13. Mai – einige Tage vor den Eurostat-Daten – veröffentlicht wurde, resultiert aus der Wirtschaftskrise eine wichtige Problemstellung für das Projekt Europa als ganzes. Im letzten Jahr sanken die Zustimmungswerte zur Europäischen Union unter den Bürgerinnen und Bürgern Europas auf 45 Prozent – verglichen mit 60 Prozent ein Jahr zuvor. Hier zeigt sich ein markanter Verlust an Vertrauen in das Projekt einer engeren Integration der EU-Staaten. Allerdings muss gesagt werden, dass dieser Vertrauensverlust unter jungen Europäerinnen und Europäern geringer ist. Obwohl diese von den negativen Effekten der sozio-ökonomischen Krise am stärksten getroffen werden, hegen sie die größten Hoffnungen in die Zukunft der Europäischen Union und in deren Entwicklung und Integration.
Der Artikel erschien zuerst im ICARUS Newsletter 18/2013 der CGIL Lombardei (Italien). Wir danken für die Erlaubnis zur Übernahme des Textes. Übersetzung: Patrick Schreiner.
Angelo Motola ist Nachwuchswissenschaftler am Institut für internationale Studien "Archivio Disarmo" in Rom.