Dokumentation
DGB-Verteilungsbericht 2017: Jetzt handeln - Ungleichheit bekämpfen
4. Juli 2017 | Redaktion
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat die aktuellste Fassung seines Verteilungsberichts vorgelegt. Fazit: Die soziale Ungleichheit ist weiter angestiegen. Wir dokumentieren im Folgenden die dazugehörige Pressemitteilung.
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Verteilungsbericht 2017: Jetzt handeln - Ungleichheit bekämpfen.
"Union will Spitzenverdiener und Reiche schonen"
Immer mehr Superreiche, immer mehr Einkommensschwache und Arme: Obwohl es in Deutschland noch nie so viel Wohlstand gab wie heute, ist die Ungleichheit in den letzten Jahren deutlich gestiegen. "Das ist nicht nur sozial ungerecht, sondern schadet auch dem wirtschaftlichen Wachstum", sagt DGB-Vorstand Stefan Körzell - und fordert mehr Steuergerechtigkeit.
Mehr arme Kinder, mehr Superreiche
Deutschland ist ein reiches Land - doch die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Das ist ein zentrales Ergebnis des Verteilungsberichts 2017, den der DGB heute vorgestellt hat. Einige Fakten:
- Noch nie gab es so viel Wohlstand in Deutschland wie heute. Trotzdem ist die Ungleichheit in den vergangenen 20 Jahren deutlich gewachsen. Immer mehr Beschäftigte gelten als einkommensschwach. Auf der anderen Seite beziehen immer mehr Menschen hohe Einkommen.
- In Deutschland lebt etwa jede/r Sechste unter der Armutsgrenze. Besonders die Kinderarmut ist in den vergangenen Jahren gewachsen.
- Die Einkommen der unteren Hälfte der Bevölkerung sind real seit 1995 gesunken. Die Einkommen der oberen 20 Prozent sind bis zu 10 Prozent gestiegen.
- Es gibt eine extreme Polarisierung der Einkommen bei Managergehältern. Ein Dax-Vorstandsvorsitzender bekommt etwa das 157-fache eines Bundesbürgers mit Durchschnittseinkommen.
- Das reichste 1 Prozent der Deutschen besitzt so viel wie 88 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Anders ausgedrückt: 67.000 Menschen besitzen so viel wie 59 Millionen erwachsene Bundesbürger.
- Die Ungleichheit ist in Deutschland höher als in den meisten Industriestaaten.
- Über 6.000 Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft besitzen ein Vermögen von über 50 Millionen US-Dollar. Eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer mit einem durchschnittlichen Nettojahreseinkommen müsste für diese Summe 2.350 Jahre durchgängig arbeiten.
- Der Anteil der Superreichen an der Gesamtbevölkerung ist in den vergangenen Jahren um knapp 50% Prozent gestiegen.
Ungleichheit schadet Gesellschaft und Wirtschaft
Die Ergebnisse des Verteilungsberichts sind nicht nur für den Einzelnen ein Problem. "Wachsende Ungleichheit ist nicht nur sozial ungerecht und nimmt Menschen Lebenschancen, sondern schadet auch dem wirtschaftlichen Wachstum", so DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. "Die ungleiche Verteilung führt zu geringerer Kaufkraft von Millionen Menschen mit niedrigem Einkommen und in der Summe zu weniger Nachfrage, die wiederum Investitionen der Unternehmen beeinträchtigt. Die aufkeimenden rechtspopulistischen, nationalistischen und antieuropäischen Tendenzen in Teilen Europas auch Ausdruck dessen, dass sich ein immer größerer Teil der Bevölkerung von der ökonomischen Teilhabe ausgegrenzt fühlt.“
DGB-Steuerkonzept für mehr Gerechtigkeit
Um die wachsende Ungleichheit zurückzudrängen, fordert Körzell mehr Steuergerechtigkeit: "Dazu gehört die Wiedereinführung der Vermögensteuer, eine wirkungsvolle Erbschaftsteuer, höhere Steuern auf Spitzeneinkommen und eine zeitgleiche Entlastung mittlerer und kleiner Einkommen. Der DGB hat dazu sein Steuerkonzept vorgelegt", so Vorstandsmitglied Stefan Körzell.
Wahlprogramm von CDU/CSU: "Wer hat, dem wird gegeben"
CDU/CSU sehen das offenbar völlig anders. In ihrem Programm zur Bundestagswahl kündigt die Union unter anderem an, dass der Spitzensteuersatz von 42 Prozent künftig erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60.000 Euro gelten soll. Bislang liegt die Grenze bei 54.000 Euro. „Was die Union da vorschlägt, ist nichts anderes als Steuerpolitik mit der Gießkanne, nach dem Motto: „Wer hat, dem wird gegeben.“ Mit Steuergerechtigkeit hat das nichts zu tun. Bestehende Ungleichheiten werden fortgeschrieben", kritisiert Körzell.
Union verkennt drängende Probleme
„Die Union will vor allem Spitzenverdiener und Reiche schonen und ihre Steuerprivilegien nicht anfassen. Eine gerechtere Verteilung von Einkommen und Vermögen bleibt auf der Strecke, obwohl die Schere zwischen Arm und Reich hierzulande weiterhin auseinanderklafft", so Stefan Körzell weiter. "Selbst OECD und IWF weisen inzwischen darauf hin, wie dringlich die Ungleichheit zu bekämpfen ist. Bei der Union ist das offensichtlich nicht angekommen.“
Bezahlbarer Wohnraum statt Baukindergeld
Insgesamt versprechen CDU/CSU in ihrem Wahlprogramm Steuererleichterungen in Milliardenhöhe. Außerdem soll es mehr Geld für Familien, Sicherheit und den Wohnungsmarkt geben. Auch das sieht Körzell kritisch: "Profitieren werden nur diejenigen, die heute schon privilegiert sind. Ein Baukindergeld etwa dürfte vor allem jenen zugutekommen, die sich schon heute ein Eigenheim leisten können. Aber die überwiegende Mehrheit der Familien mit unteren und mittleren Einkommen können sich nicht einmal im Traum ein Eigenheim leisten. Vielmehr brauchen diese Familien bezahlbaren Wohnraum."
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Quelle: http://www.dgb.de/-/nyU