Dokumentation
»E-Commerce«-Pläne für den Welthandel drohen Arbeitsrechte zu untergraben
29. Januar 2019 | Redaktion
Der Internationale Gewerkschaftsbund warnt vor weiteren Verschlechterungen der Rechte von Beschäftigten durch die internationale Handelspolitik. Wir übersetzen und dokumentieren eine Pressemeldung vom 25. Januar.
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Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) hat davor gewarnt, dass derzeit diskutierte neue Handelsvereinbarungen die Möglichkeiten der Regierungen, im Interesse der Arbeitnehmer Regeln zu setzen, stark einschränken würden. Die Vorschläge unter dem Schlagwort »E-Commerce« (elektronischer Handel) hätten weitreichende Auswirkungen auf die zukünftige Arbeitswelt.
Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos haben mehrere Regierungen, überwiegend aus fortgeschrittenen Volkswirtschaften, ihre Absicht bekundet, Verhandlungen über den elektronischen Handel aufzunehmen. Sie wollen so den Marktzugang für digitale Unternehmen absichern. Amazon, Alphabet (Google), Facebook und andere multinationale Online-Unternehmen würden am meisten profitieren.
Für diese derzeit diskutierten Vertragserweiterungen der Welthandelsorganisation WTO sind Fragen der Datenregulierung von zentraler Bedeutung. Indem der ungehinderte Datenfluss über Grenzen hinweg gewährleistet wird, werden die Datenhoheit der Länder und die Möglichkeiten der Regierungen, Missbrauch zu bekämpfen, erheblich eingeschränkt. Die vorgeschlagenen Änderungen würden direkte Vorgaben für öffentliche Regulierungen machen und die Regierungen daran hindern, von den Digital-Unternehmen die Eröffnung lokaler Niederlassungen und das lokale Hosting von Servern zu verlangen. Ohne eine solche Präsenz von Unternehmen gibt es aber keine Instanz, die verklagt werden könnte. Zudem wird die Fähigkeit der inländischen Gerichte, Arbeitsnormen und andere Rechte durchzusetzen, damit grundsätzlich in Frage gestellt.
»Die aktuell diskutierten Themen beschränken sich nicht auf die praktischen Aspekte des Handelns, sondern betreffen auch Fragen der Arbeitnehmerrechte, der Datenverwaltung und des Datenschutzes. Algorithmische Verzerrungen, Überwachung am Arbeitsplatz und elektronische schwarze Listen für Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter sind längst Realität. Die Beschäftigten brauchen in einer solchen Situation ihre Regierungen, um sie zu schützen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Fähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Giganten der digitalen Wirtschaft zur Rechenschaft zu ziehen, durch Handelsabkommen eingeschränkt wird. Die Regierungen müssen über die volle Regulierungsmacht verfügen. Wir haben gesehen, wie die Ubers und die Amazons dieser Welt die gegenwärtig bestehenden Schlupflöcher nutzen, um die Bedingungen der arbeitenden Menschen zu verschlechtern. Anstatt diese Art von unverantwortlichem Verhalten zu fördern, sollten die Regierungen ihre Anstrengungen verstärken, um diese Lücken zu schließen. Die einzige Antwort darauf kann nur ein neuer Sozialvertrag mit einer universellen Arbeitsgarantie sein«, sagte Sharan Burrow, Generalsekretärin des IGB.
Der IGB weist darauf hin, dass die Regierungen ihre Bemühungen nicht einschränken dürfen, bis Lösungen für die bestehenden Probleme gefunden sind. Die WTO konzentriert sich schon viel zu lange zu sehr auf die Akteure der Wirtschaft und ignoriert in diesem Zusammenhang Bedenken, die etwa die Arbeitsnormen betreffen. Daher ist die WTO nicht der richtige Ort, um verbindliche Regeln für solcherlei Fragen auszuhandeln.
»Die Frage ist: Was ist unsere Vision für die Zukunft? Die digitalen und technologischen Entwicklungen haben schon jetzt enorme Auswirkungen auf unser Leben gehabt, und vieles steht noch aus. Wollen wir, dass diese Zukunft von den Interessen der Menschen oder von den Interessen des Profits und des Big Business geprägt wird?«, fragte Burrow abschließend.
Den Originaltext finden Sie hier: ▸https://www.ituc-csi.org/e-commerce-push-at-wto-undermines-workers. Einige weitere Hintergrundinformationen finden Sie hier (englisch): ▸https://www.ituc-csi.org/WTO-public-forum-2018-workers-agenda-for-e-commerce. Ãœbersetzung: Patrick Schreiner.