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miese-jobs.de Nachrichtenüberblick 07/2018
17. April 2018 | Markus Krüsemann
Leiharbeit, Minijobs, Befristungen, Niedriglöhne: Es gibt zu viele miese Jobs. Wir veröffentlichen alle 14 Tage einen Überblick über Nachrichten und Berichte zu solchen unsicheren und schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen. Das Topthema dieser Ausgabe: Minijobs.
Die nächste Ausgabe dieses Nachrichtenüberblicks erscheint am Dienstag, dem 08.05.2018.
1] TOPTHEMA: MINIJOBS
Seit nunmehr 15 Jahren verwaltet die Minijobzentrale als zentrale Anlaufstelle die geringfügigen Beschäftigungen und sorgt so dafür, dass Arbeitgeber sich möglichst reibungslos mit flexibel bis gutsherrenartig handhabbaren Arbeitskräften versorgen können. Während dem MDR darob feierlich zumute ist, herrscht andernorts eher Ernüchterung bis Kritik an einem von Anfang an verfehlten Beschäftigungsinstrument.
Schlechte Verdienste bis hin zur Vorenthaltung des Mindestlohns, kaum soziale Absicherung inklusive drohender Altersarmut, ganz überwiegend Sackgasse, statt Brücke in reguläre Beschäftigung - die Probleme, die Minijobs mitbringen, weil sie quasi in ihrer DNA eingeschrieben sind, sie sind lange schon bekannt. Weniger bekannt sind die mal mehr mal weniger sinnvollen Reformvorschläge, die natürlich längst vorliegen. Solange die aber politisch nicht aufgegriffen werden, solange wird es in der Berichterstattung bei der längst vertrauten Mischung aus Lageberichten, Wachstumsmeldungen und mahnenden Schilderungen bleiben. Doch lesen Sie selbst...
Armutsfalle Minijob
Besser irgendeine als gar keine Beschäftigung war die Devise der rot-grünen Bundesregierung. Mit dem sogenannten Minijob schuf sie die Möglichkeit, sich abgabenfrei etwas hinzuzuverdienen: brutto für netto – für viele ein attraktives Modell.
Aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hat dieser Weg in die Irre geführt. Denn ohne Sozialabgaben haben die Minijobber auch keine oder nur minimale Ansprüche an die Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung.
Quelle: ▸taz.de vom 16.04.2018
Minijob-Zentrale arbeitet seit 15 Jahren
In Deutschland gibt es einen beachtlichen Bedarf an Minijobs. (...) Und viele Arbeitgeber benötigen ihrerseits nur Mitarbeiter für eine bestimmte Zeit im Monat, sagt der Sprecher der Minijobzentrale Wolfgang Buschfort
Bei Unternehmen in den unterschiedlichsten Branchen besteht Bedarf an solchen Mitarbeitern. Im gewerblichen Bereich arbeiten zurzeit circa 6,7 Millionen Minijobber. Von der Hausfrau über den Rentner bis zum Studenten.
Quelle: ▸MDR.de vom 15.04.2018
Minijob als Hauptverdienst: 17000 Betroffene in Pforzheim
Minijobs sind eine gute Möglichkeit des Zuverdiensts für Schüler, Studenten und Rentner, die in ihren Status keine Sozialversicherung benötigen. Darin sind sich die Teilnehmer der Expertenrunde einig.
Zum Problem wird das Modell allerdings, wenn der Minijob den Hauptverdienst für Menschen zwischen 25 und 55 Jahren darstellt, erklärt die Moderatorin Christina Metke. In Pforzheim seien davon 17 000 von insgesamt 30 000 Minijobber betroffen. Der Anteil an Frauen liege bei 12 000.
Quelle: ▸Pforzheimer Zeitung online vom 15.04.2018
DGB fordert Minijob-Beratungsstelle
Minijobber verdienen oft schlecht, sind von Altersarmut bedroht und ihnen werden häufig Arbeitnehmerrechte verwehrt: Das dokumentiert ein neuer Report des Hamburger DGB. Dessen Vorsitzende Katja Karger fordert eine neue Beratungsstelle für Beschäftigte und Betriebe.
So würden viele geringfügig Beschäftigte nicht wahrnehmen, dass ihnen Altersarmut droht. Auch Arbeitgeber gingen oft von falschen Voraussetzungen aus: »Viele wissen nicht, dass sie mit sozialversicherungspflichtiger Teilzeitbeschäftigung besser wegkommen«, so Karger.
Quelle: ▸hintzundkunzt.de vom 13.04.2018
Zahl der Minijobber in Hamburg nimmt zu
Die Zahl der Minijobber in Hamburg hat sich seit 2003 um knapp 48 Prozent auf rund 177.000 Menschen im vergangenen Jahr erhöht. Das geht aus dem erstmals vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Hamburg vorgelegten Minijob-Report für die Hansestadt hervor.
Die meisten Minijobber arbeiten laut DGB im Einzelhandel und in der Gastronomie, gefolgt von Gebäudebetreuung, Garten- und Landschaftsbau, Gesundheitswesen und dem Erziehungssektor.
Quelle: ▸SHZ.de vom 13.04.2018
Weil ein Mann keine Altersvorsorge ist
»Ein Mann ist keine Altersvorsorge« steht auf den Bierfilzln, oder »Frauen leben länger - aber von was?«. Annemarie Fischer, Leiterin der Gleichstellungsstelle Fürstenfeldbruck, verteilt die Untersetzer auf den Stehtischen der Ausstellung »Minijob - Wovon lebt Frau im Alter?«
Denn während Minijobs kurzfristig attraktiv erscheinen, bauen sich die Arbeitnehmer in solchen Anstellungen keine Sozialversicherungsansprüche auf. Vor allem im Alter kann dann die Armut lauern. Eine Gruppe, die davon stark betroffen ist, sind Frauen mittleren Alters.
Quelle: ▸Süddeutsche.de vom 12.04.2018
Auf Kosten der Schwächsten?
Wie Halbauer arbeiten derzeit - laut dem Bund Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) - 140.000 Menschen als Zeitungszusteller. Viele davon als Minijobber. Nun lässt eine Klausel im Koalitionsvertrag für diese Minijobber eine Verschlechterung erwarten.
Während bei Minijobs der Arbeitgeber regulär 15 Prozent und der Arbeitnehmer 3,6 Prozent der Rentenbeiträge zahlen, soll der Arbeitgeberanteil nun auf 5 Prozent gesenkt werden. Der Arbeitnehmer müsste dann die fehlenden 10 Prozent ausgleichen.
Quelle: ▸MDR.de vom 11.04.2018
Minijobs: Entlastung für Zeitungszustellbetriebe geplant
Arbeitgeber von Minijobbern, die Zeitungen zustellen, sollen für eine befristete Zeit einen geringen Rentenversicherungsbeitrag zahlen. Das geht aus dem Koalitionsvertrag der GroKo hervor. Welche Auswirkungen ergeben sich dadurch für die beschäftigten Minijobber und Arbeitgeber in dieser Branche?
Unabhängig davon, ob ein Zeitungszusteller rentenversicherungspflichtig ist oder sich von dieser befreien lässt, wirkt sich eine Absenkung des Pauschalbeitrags des Arbeitgebers von 15 Prozent auf fünf Prozent nachteilig auf seine zukünftigen Ansprüche in der Rentenversicherung aus.
Quelle: ▸Haufe.de vom 04.04.2018
2] WEITERE BERICHTE
Recht auf befristete Teilzeit kommt
Teilzeitbeschäftigte sollen ab dem 1. Januar 2019 leichter in Vollzeit zurückkehren können. Der Gesetzentwurf soll laut Arbeitsminister Heil ab heute innerhalb der Regierung abgestimmt werden.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass künftig alle Beschäftigten in Betrieben ab 45 Arbeitnehmern ein Recht auf eine befristete Teilzeit-Phase bekommen, die zwischen einem Jahr und fünf Jahre lang sein kann. Das Gesetz solle für alle neuen Fälle gelten, betonte Heil - also für alle Teilzeit-Vereinbarungen, die ab dem 1. Januar 2019 geschlossen werden.
Quelle: ▸RP online vom 17.04.2018
Tarifstreit: Profitieren Geringverdiener mehr als andere?
Es ist ein zähes Ringen in Potsdam um ein Einkommensplus für die bundesweit rund 2,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. (...) Es geht auch darum, ob Geringverdiener mehr profitieren sollen als die am oberen Einkommensrand.
Gewerkschaften (...) wollen neben einem Lohnplus von sechs Prozent durchsetzen, dass jeder mindestens 200 Euro im Monat mehr auf das Gehaltskonto überwiesen bekommt. Das käme vor allem denen mit geringen Verdiensten zu Gute. Denn 200 Euro würde für sie ein Plus von etwas über elf Prozent bedeuten.
Quelle: ▸BR.de vom 16.04.2018
Grüne monieren hohe Zahl befristeter Hochschulstellen
Die Grünen haben die hohe Zahl befristeter Stellen an sächsischen Hochschulen moniert. Nur 11,5 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine unbefristete Stelle. (...) Die aktuellen Daten stammen aus dem Jahr 2017.
Demnach war nicht einmal jedes dritte Beschäftigungsverhältnis, das aus Landesmitteln finanziert wird, unbefristet. Vier Prozent der Betroffenen hatten einen Arbeitsvertrag, der weniger als ein halbes Jahr Gültigkeit besaß.
Quelle: ▸Sächsische Zeitung online vom 13.04.2018
Viele wollen länger arbeiten? Denkste.
Die Deutschen wollen (...) heute genauso viel arbeiten wie früher. Einen großen Trend zur Freizeit könnten sie anhand von Befragungsdaten nicht erkennen, schreiben Enzo Weber und Franziska Zimmert vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
Frauen mit einem Teilzeitjob wollten heute sogar etwas mehr arbeiten (...): »Der Wunsch nach längeren Arbeitszeiten ist vor allem in einer bestimmten Gruppe - Frauen zwischen 26 und 35 Jahren - verbreitet. Viele dieser Frauen stecken unfreiwillig in der 'Teilzeitfalle'«.
Quelle: ▸Ihre-Vorsorge.de vom 12.04.2018
Mindestlohn für Putzkräfte: »Eigentlich ein Beschiss«
Putzkräfte seien zum Teil einem großen Druck ausgesetzt – und putzen, ohne dafür bezahlt zu werden. Schuld daran sei die Taktung: »Das ist eigentlich ein Beschiss, um den Mindestlohn zu umgehen«, sagt er.
Ein Beispiel: Die Reinigungskraft muss eine Etage innerhalb von eineinhalb Stunden putzen, so die Vorgaben des Chefs – eigentlich braucht die Putzkraft dafür aber zwei Stunden. »Bei den Stunden darf sie aber nur eine Stunde aufschreiben, die andere arbeitet sie umsonst.«
Quelle: ▸Merkur.de vom 12.04.2018
Im Ruhrgebiet fehlen 200.000 bezahlbare Wohnungen
In deutschen Großstädten herrscht ein massiver Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Besonders Mieter mit kleinem Einkommen haben es schwer, für sich erschwingliche Wohnungen zu finden. (...) Deutschlandweit fehlen danach 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen. Im Ruhrgebiet sind es fast 200.000.
Auffallend ist, dass die Wissenschaftler den Anteil der Geringverdiener unter denjenigen, die eine bezahlbare Wohnung suchen, sehr hoch einschätzen. (...) Die Forscher haben festgestellt, dass der Mangel vor allem kleinere Wohnungen betrifft.
Quelle: ▸Correctiv.org vom 11.04.2018
Nur jeder Fünfte mit 65 noch in Vollzeit tätig
Obwohl die Beschäftigungszahlen Älterer seit Einführung der Rente mit 67 im Jahr 2012 insgesamt zugenommen hat, geht erst jeder dritte 64-Jährige und nur jeder fünfte 65-Jährige einem sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjob nach.
Es findet sogar eine soziale Polarisierung im Alter statt: Und zwar zwischen solchen Menschen, die bis zur Regelaltersgrenze sozialversicherungspflichtig in Vollzeit arbeiten können, und solchen, die sich über Minijobs oder Teilzeitstellen irgendwie in die Rente retten, sagte Kurth.
Quelle: ▸Kölnische Rundschau online vom 10.04.2018
Woidke für Mindestlohn von mittelfristig zwölf Euro
Brandenburgs Regierungschef und SPD-Chef Dietmar Woidke hat sich für einen mittelfristigen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde ausgesprochen.
Noch immer arbeite ein Drittel der Menschen in Brandenburg für weniger als zehn Euro. Deshalb müsse die SPD in Brandenburg bei diesem Thema Vorreiter sein, heißt es in einem Papier des SPD-Chefs zu den Schwerpunktthemen der Partei in den kommenden Jahren, das Woidke am Montag in Potsdam vorstellte.
Quelle: ▸Welt online vom 09.04.2018
Land will mehr Lehrkräfte unbefristet einstellen
Um die Stellenangebote für Lehrkräfte in Mecklenburg-Vorpommern noch attraktiver zu machen, prüft die Landesregierung derzeit die Möglichkeiten, Lehrerinnen und Lehrer künftig generell unbefristet in den Schuldienst zu übernehmen.
Im Schuljahr 2017/2018 haben von den rund 11.500 Lehrkräften an den staatlichen Schulen 867 Lehrerinnen und Lehrer einen befristeten Arbeitsvertrag. (...) Unbefristete Angebote könnten gerade die Stellen attraktiver machen, die für Vertretungslehrer ausgeschrieben sind.
Quelle: ▸bildungsklick.de vom 09.04.2018
Supermarkt-Kassiererin kämpft für gleichen Lohn
Leiharbeiterinnen müssen spätestens nach neun Monaten den gleichen Lohn bekommen wie ihre angestellten Kolleginnen. Doch statt gleicher Bezahlung bekam eine Supermarkt-Kassiererin die Kündigung. Das Arbeitsgericht Mönchengladbach erklärte diese für rechtswidrig.
Die Leiharbeitsfirma kündigte vor Beginn der Equal-Pay-Frist, plante für die Kassiererin eine dreimonatige Pause - und wollte sie dann wieder zum niedrigeren Lohn einstellen.
Quelle: ▸Deutschlandfunkkultur.de vom 09.04.2018
Bildungsministerin Karliczek kündigt Azubi-Mindestlohn an
In der Debatte um die hohe Zahl von Ausbildungsabbrechern hat Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) die Einführung eines Mindestlohns für Lehrlinge angekündigt. (...) In diesem Sinne werde sie dafür sorgen, dass im Berufsbildungsgesetz eine Mindestausbildungsvergütung für Auszubildende »fest verankert« werde.
Die CDU-Politikerin sagte, sie wolle »eine ausgewogene und unbürokratische Mindestausbildungsvergütung« ermöglichen. Diese müsse »soziale Problemlagen erfolgreich adressieren«, dürfe aber nicht die Tarifautonomie aushöhlen.
Quelle: ▸WAZ online vom 07.04.2018
Furcht vor Jobverlusten ist wieder da
Das IAB warnt vor einer »überproportionalen Anhebung des Mindestlohnniveaus«. Dabei liest sich der Bericht wie eine Aneinanderreihung von Argumenten für eine deutliches Heraufsetzen der Lohnuntergrenze.
Doch »die Arbeitsmärkte unterscheiden sich zwischen Ost- und Westdeutschland weiterhin beträchtlich«, warnt das IAB. (...) Aus Rücksicht auf die neuen Länder soll der Mindestlohn deshalb deutschlandweit nur moderat steigen, empfehlen die Forscher.
Quelle: ▸neues deutschland online vom 06.04.2018
Einmal verschuldet, immer verschuldet?
Jobverlust, Scheidung oder Krankheit – deutschlandweit führen solche Ereignisse dazu, dass Menschen sich verschulden. In MV spielt aber auch die Einkommensarmut eine große Rolle, sagt Kyra Quaas von der Schuldnerberatung.
»Es ist leider ganz oft so, dass Arbeitnehmer ergänzend Arbeitslosengeld II bekommen, weil ihr Einkommen einfach nicht zum Leben reicht«, sagt sie. Und das Verrechnungssystem führe dazu, dass die Klienten immer wieder Sozialleistungen zurückzahlen müssten. »So entstehen neue Schulden und Abhängigkeiten.«
Quelle: ▸Ostsee-Zeitung.de vom 05.04.2018
Jeder Vierte bricht seine Lehre ab
Weil immer mehr Lehrlinge ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig auflösen, fordern Gewerkschaften und Opposition die schnelle Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns für Auszubildende. Die Wirtschaft lehnt eine solche staatliche Lohnuntergrenze ausdrücklich ab.
Tatsächlich haben Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag bereits vereinbart, eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung einzuführen. Sie soll in einer überarbeiteten Fassung des Berufsbildungsgesetzes enthalten sein, die bis 2020 in Kraft treten soll.
Quelle: ▸Hamburger Abendblatt online vom 05.04.2018
Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Göttinger Institut für Regionalforschung. Unter www.miese-jobs.de betreibt er ein Informationsportal zu atypischen und prekären Beschäftigungsformen.