Dokumentation
Weltwassertag: Wasser für alle bedeutet, der Kommerzialisierung und Privatisierung weltweit einen Riegel vorzuschieben
22. März 2019 | Redaktion
Fünf Organisationen haben anlässlich des heutigen Weltwassertags eine gemeinsame Pressemeldung veröffentlicht, in der sie die öffentliche Verantwortung für eine hochwertige und ausreichende Wasserversorgung unterstreichen. Wir dokumentieren den Text nachfolgend.
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Wasser und Sanitärversorgung für alle bedeutet auch, der Kommerzialisierung und Privatisierung weltweit einen Riegel vorzuschieben!
Pressemeldung von Grüner Liga, Berliner Wassertisch, Weltfriedensdienst, Forum Umwelt und Entwicklung sowie Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft zum Weltwassertag am 22. März 2019, Motto: »Leaving no one behind – water and sanitation for all«.
Zum Weltwassertag machen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen sowie VertreterInnen der öffentlichen Wasserwirtschaft deutlich: »Niemanden zurückzulassen« heißt vor allem, Zugang für diejenigen zu sichern, die in besonderem Maße von Wasserknappheit und fehlender Sanitärversorgung betroffen sind: Menschen auf dem Land, vom Klimawandel besonders Betroffene, Geflüchtete, Frauen und Kinder. Die Gründe hierfür liegen auch in der Kommerzialisierung der Nutzung von Wasserressourcen, wie dem Handel mit Wasser, und in der zunehmenden Privatisierung von Land und Wasserdienstleistungen. Es ist die Pflicht der Bundesregierung, diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten. Dafür ist und bleibt das oberste Gebot: Wasser- und Sanitärversorgung gehören in die öffentliche Verantwortung.
Weltweit haben 2,1 Milliarden Menschen immer noch keinen Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser. 4,3 Milliarden Menschen fehlt es an menschenwürdigen sanitären Anlagen. Gleichzeitig gefährden die zunehmende Übernutzung und Verschmutzung von Wasser sowie der fortschreitende Klimawandel die Verfügbarkeit und Qualität von Wasser in vielen Teilen der Welt. Laut den Vereinten Nationen könnte bis zum Jahr 2050 die Hälfte der Weltbevölkerung an Wassermangel leiden. Vor diesem Hintergrund beobachten wir die Kommerzialisierung und Privatisierung von Wasserressourcen weltweit mit großer Sorge. So wird der Zugang aller Menschen zu unserer lebensnotwendigen Ressource zugunsten von kommerziellen Interessen weiter eingeschränkt.
In Deutschland sind es die kommunalen Strukturen und öffentlichen Unternehmen, die zur Erreichung dieser Menschenrechte wesentlich beigetragen haben. »Zur Lösung der internationalen Herausforderungen muss sich die Bundesregierung jedoch auch international dazu bekennen und sich deutlich gegen Privatisierung und Kommerzialisierung von Wasser aussprechen«, erklärt Durmus Ünlü, Koordinator der AG Wasser und Vertreter der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft.
Auf europäischer Ebene muss in erster Linie die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) endlich eine nachhaltige Verfassung bekommen, die das Wohl der Menschen und der Umwelt an vorderste Stelle setzt. »Besonders dringend ist es, das Schutzniveau des Grundwassers und der Trinkwasserressourcen vor landwirtschaftlichen Einträgen deutlich zu verbessern und im Düngerecht endlich die Vorgaben des Gewässerschutzes umzusetzen«, betont Michael Bender, Leiter der GRÜNE LIGA – Bundeskontaktstelle Wasser.
Doch Freihandelsabkommen wie CETA, JEFTA und viele weitere, drohen diese Ziele zu unterlaufen. Sigrun Franzen vom Berliner Wassertisch gibt zu bedenken: »Diese Freihandelsverträge öffnen Tür und Tor für die Privatisierung der öffentlichen Wasserversorgung.« Die Bundesregierung muss das von den BürgerInnen der gesamten Europäischen Union erkämpfte Recht auf öffentliche Wasserversorgung (Right2Water) langfristig garantieren, »Wem das Menschenrecht auf Wasser am Herzen liegt, der hilft uns, derartige Freihandelsabkommen zu stoppen«, so Franzen.
Im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit muss zudem die Versorgungslage der Menschen auf dem Land stärker in den Fokus gerückt werden. Dabei reicht es nicht, Wasserwerke, Kläranlagen und Leitungsnetze aufzubauen. Vielmehr braucht es auch vielfältige dezentrale Ansätze. Für die Trinkwasserversorgung müssen Schutz und Wiederherstellung von wasserbezogenen Ökosystemen im Vordergrund stehen. »Anderenfalls werden wir, wenn auch nicht die befürchteten Wasserkriege, doch zunehmend gewaltsam ausgetragene Konflikte um den Zugang zu Wasser erleben« sagt Helge Swars vom Weltfriedensdienst.
Neben sicherem und bezahlbarem Trinkwasser spielt die Verfügbarkeit von Wasser in der Landwirtschaft auch für die weltweite Ernährungssicherheit eine Schlüsselrolle. Durch den Klimawandel befeuerte Wetterextreme, wie vielerorts zunehmende Dürren, bringen insbesondere Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im Globalen Süden an ihre Existenzgrenzen. Zusätzlich werden von Wassermangel betroffene Regionen durch den Anbau und Export wasserintensiver Agrarprodukte in die konsumdurstigen Industriestaaten stark belastet. »Wir müssen unsere Ernährungsgewohnheiten – insbesondere unseren exorbitanten Fleischkonsum – reduzieren«, erklärt Marijana Todorovic, Koordinatorin der AG Wasser des Forum Umwelt und Entwicklung. Gleichzeitig fordert sie: »Die Bundesregierung muss in ihrer Wirtschafts- und Entwicklungspolitik die Auswirkungen von virtuellem Wasserraub, ebenso wie die dadurch entstehenden externen Kosten für Menschen und Umwelt sichtbar machen und Verantwortung dafür übernehmen.«