Zu Michael Jägers Replik auf meine Kritik der "Wachstumskritik". Einige Einwände
9. April 2012 | Patrick Schreiner
Ich habe im Februar 2012 in der elektronischen Zeitschrift WISO-Info, Ausgabe 1/2012, einen Artikel mit dem Titel "'Wachstumskritik' - Gedanken zu einer seltsamen Debatte" veröffentlicht, der sich kritisch mit den aktuellen Debatten rund um das (Wirtschafts-) Wachstum befasst. Er ist zwischenzeitlich auch auf annotazioni.de erschienen (Link). Einige Wochen nach der Erstveröffentlichung habe ich diesen Text in der "Community" der Wochenzeitung "Freitag" zweitveröffentlicht. Allerdings habe ich meinen Zugang dort nach kurzer Zeit aus technischen Gründen wieder gelöscht. Leider, denn auf diese Weise hatte ich nicht mehr die Möglichkeit, am gleichen Ort auf Michael Jägers etwas später erschienene Replik auf meinen Text (Link) zu antworten. Dies hole ich daher an dieser Stelle nach.
Bevor ich inhaltlich auf Jägers Beitrag eingehe, sei folgende Vorbemerkung erlaubt: Ich halte seinen Text für eine überwiegend intelligente und sachbezogene Auseinandersetzung mit meinen Argumenten. Dies unterscheidet ihn meilenweit von fast allen anderen kritischen Reaktionen auf meinen Text, in denen ich keine nennenswerte Ernsthaftigkeit erkennen konnte. Behauptungen wie beispielsweise die, ein Gewerkschafter wolle eben einfach Industrieschlote rauchen sehen, entblößen in erster Linie das intellektuelle Niveau derer, die sie äußern. Vor diesem Hintergrund reagiere ich gerne auf Jägers sehr viel ernsthaftere Kritik meiner Kritik der "Wachstumskritik".
Ich möchte dabei auf folgende Aspekte eingehen:
- Auf die Bedeutung des Wachstumsbegriffs
- Auf die Frage nach der qualitativen Gestaltung von Wirtschaft
- Auf die ideologischen Grundlagen der "Wachstumskritik"
1. Die Bedeutung des Wachstumsbegriffs
Im ersten Abschnitt meines ursprünglichen Textes geht es mir um ein genaues Verständnis dessen, was Wachstum ist. Ich beschränke mich dabei zunächst bewusst auf reine volkswirtschaftliche Statistik. Mich interessiert hier alleine die Frage, was Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ist und (vor allem) was sie zum Wachstumsbegriff zu sagen hat. Das mag man als unpolitisch kritisieren, was Jäger etwa mit seinem späteren Verweis auf Karl Marx und die "Kapitallogik" letztlich indirekt auch tut. Genau das ist aber an dieser frühen Stelle nicht mein Punkt. Denn wer "Wachstum" kritisieren möchte, sollte in einem ersten Schritt schon erfassen und verstehen, was Wachstum als statistisches Konstrukt überhaupt ist. Zumal sich die Frage nach der Art und Weise, wie erbrachte Leistungen gemessen werden, in jeder Volkswirtschaft stellt – in wachsenden wie in stagnierenden, in Gesellschaften mit und in Gesellschaften ohne "Kapitallogik".
Ich bin dabei zunächst schlicht davon ausgegangen, dass zumindest in einem Punkt breite Einigkeit herrschen dürfte: Wann immer jemand von "Wachstum" spricht, stellt er oder sie einen semantischen Bezug auf die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und damit auf die Messgröße des Bruttoinlandsprodukts (BIP) her. Jäger scheint da aber anderer Meinung zu sein, er polemisiert (und zitiert mich):
Unter Wachstum verstehe man nämlich 'die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einer bestimmten Zeitperiode, etwa einem Quartal oder einem Jahr'. Danke, Herr General! Sie befehlen, wir gehorchen! Wir haben verstanden! Das also ist das von Ihnen dekretierte Wesen des Wachstums!
Ich dekretiere ein "Wesen des Wachstums"? Erstens spreche ich nicht von irgendeinem "Wesen", sondern von einem Begriff. Und zweitens dekretiere ich nichts. Ein Blick in Lexika und Wörterbücher sei empfohlen. Ich gehe davon aus, dass auch Jäger nicht das Wachstum seiner Zimmerpflanze oder seiner Fingernägel meint, wenn er von "Wachstum" spricht. Und ebendies gilt auch für alle anderen "Wachstumskritiker". Ich könnte an dieser Stelle polemisieren: Wenn Jäger und die "Wachstumskritiker" gar nicht das Wachstum des BIP kritisieren, ist mir ihre Kritik ziemlich egal. Worüber diskutieren wir dann?
Nein, natürlich meinen Jäger und die "Wachstumskritiker" das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, wenn sie Wachstum kritisieren. Das wird aus Jägers weiteren Ausführungen auch mehr als deutlich. Aber aus genau diesem Grund ist es wichtig und richtig, sich vor Augen zu führen, was Wachstum ist und nicht ist, was das BIP erfasst und was nicht, wofür es geeignet ist und wofür nicht.
Ich werde an dieser Stelle nun nicht ausführlich wiederholen, was ich in meinem ursprünglichen Text schon zum BIP geschrieben habe. Wer mag, lese es nach. Die Quintessenz meiner Ausführungen war die folgende:
Das BIP bezieht also ausschließlich marktförmig produzierte Waren und Dienstleistungen ein, die in Geldform auf Basis ihrer Marktpreise erfasst werden. Damit stellt es per se keinen Indikator für Ressourcenverbrauch oder für Umweltbelastung dar; es kann folglich durchaus ein schrumpfendes BIP mit steigendem Ressourcenverbrauch oder umgekehrt ein wachsendes BIP mit sinkendem Ressourcenverbrauch geben. (Daher kann unendliches Wachstum auch durchaus mit endlichen Ressourcen einhergehen.) [...] Einen methodischen, systematischen und zwingenden Nexus zwischen dem statistischen Indikator 'Wachstum' und dem Ressourcenverbrauch bzw. der Umweltbelastung gibt es also nicht.
Jäger erhebt gegen diese Aussage auf zweierlei Weise Einspruch. Er behauptet zum ersten, dass daraus nicht abgeleitet werden könne, dass auch regelmäßiges Wachstum möglich sei. Ich werde hierauf gleich näher eingehen. Und er behauptet unter Bezug auf Marx zum zweiten, dass der "Wachstumszwang" des Kapitals im Kapitalismus hinter beidem steht – hinter dem Wirtschaftswachstum ebenso wie hinter der zunehmenden Umweltzerstörung. Dies sei der Nexus zwischen beiden, den ich angeblich verleugne. Diesen Punkt werde ich später aufgreifen.
Zum ersten Punkt – Jäger meint, mit folgendem Argument meine Aussage zu widerlegen, es sei unendliches Wachstum trotz endlicher Ressourcen möglich:
Ja, aber kann auch das regelmäßige Wachstum mit endlichen Ressourcen einhergehen? [...] Kann man sich eine Ökonomie vorstellen, in der lediglich die immateriellen Dienstleistungen immerfort zunehmen und insofern ein 'unendliches Wachstum' stattfindet, welches die Ressourcen aber gar nicht in Anspruch nimmt? Dann würde das BIP wachsen, aber dieses Wachstum würde 'lediglich in Geld gemessene Werte [erfassen]'; ein 'Indikator [...] für Umweltbelastung' wäre es nicht. Gut, aber warum sollten solche Dienstleistungen ins Unendliche wachsen? Dafür müsste es schon wirklich einen Mechanismus geben, der bedingt, dass sie es regelmäßig tun. Den aber gibt es nur dann, wenn auch die mit Ressourcenverbrauch verbundene Wirtschaft ins Unendliche wächst. In Bangla Desh zum Beispiel wird weder die Bankkundenberatung noch die Prostitution über eine gewisse Grenze hinaus wachsen, ganz abgesehen davon, dass Beides nichts brächte und gar nicht möglich wäre, wenn es keine mit Ressourcenverbrauch verbundene Ökonomie und daraus entspringende Einkommen gäbe.
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass sich ab einem bestimmten Entwicklungsstand einer Volkswirtschaft deren Wachstum zunehmend auf den Dienstleistungsbereich verlagert, der weniger ressourcenintensiv produziert. Dies führt relativ zur Bruttowertschöpfung zu einem sinkenden Ressourcenverbrauch. Allerdings, wie gesagt: "Nur" relativ, nicht absolut. Verglichen mit einem (ohnehin nur hypothetisch vorstellbaren) Wachstum ausschließlich im Bereich des primären und des sekundären Sektors ist dies gleichwohl noch immer die bessere und unterstützenswertere Strategie. Eine Strategie, die allerdings angesichts der offensichtlichen ökologischen Probleme tatsächlich nicht ausreicht. Was ich aber auch nie behauptet habe – Jäger greift schlicht eine der vielen von mir genannten Maßnahmen heraus, stilisiert sie zu meinem angeblichen Hauptvorschlag und übergeht alle weiteren. Oder in seinen Worten: Er zeichnet ein "Zerrbild" und widerlegt "diesen Popanz dann mit Grandezza."
Die entscheidende Frage ist eine andere: Entnehmen wir die nach wie vor benötigten Ressourcen dauerhaft und in zunehmendem Maße der Natur und der Umwelt? Oder gelingt es, sie immer stärker auf nachhaltige Weise zu gewinnen und zu nutzen – nämlich
- als nachwachsende Ressourcen im Wesentlichen aus der Land- und Forstwirtschaft,
- durch die Reduktion des Ressourcenverbrauchs je Produktionseinheit dank größerer Ressourceneffizienz,
- durch die Nutzung quasi unendlich verfügbarer Ressourcen wie Wind und Sonne,
- sowie als durch Recycling wiedergewonnene Ressourcen.
Dies wäre in etwa das, was ich unter einer ökologisch nachhaltigen Produktion verstehe.
Wie ich auch in meinem ursprünglichen Text mehrfach geschrieben habe, fallen an dieser Stelle einzelwirtschaftliche Logik und gesamtwirtschaftliche (gesellschaftliche) Logik weit auseinander. Ein Unternehmen hat an einem Recycling seiner Produkte kein Interesse, Recycling-Unternehmen nur, solange dieses Recycling Profite bringt. Ähnliche Konstellationen lassen sich für nachwachsende Ressourcen, Erneuerbare Energien und Ressourceneffizienz feststellen. Hier ist Politik gefragt, gesellschaftliche Interessen durchzusetzen (und in den genannten Bereichen Wachstum zu schaffen). In Deutschland geschieht dies bei Erneuerbaren Energien und Ressourceneffizienz einigermaßen, beim Recycling in Ansätzen. Notwendige Steigerungen gibt es in allen vier genannten Bereichen. Hier bestehen zahlreiche Wachstumsmöglichkeiten und –bedarfe.
Ich räume allerdings gerne ein, dass mein ursprünglicher Text vielleicht nicht eindeutig genug klarstellte, dass bzw. wie über dieses spezifische Wachstum hinaus regelmäßiges (gemeint: dauerhaftes) Wachstum möglich sei. Dies ist ja Jägers Grundthese: Ich würde lediglich partielle Wachstumsmöglichkeiten, nicht aber die Möglichkeit regelmäßigen Wachstums belegen. Nun, angesichts der ökologischen Probleme, vor denen wir stehen, sehe ich einen Widerspruch zwischen dauerhaftem Wachstum und Beschränkung auf sinnvolles Wachstum zumindest für die kommenden Jahrzehnte nicht. Im Gegenteil gibt es enorme Notwendigkeiten für zusätzliches Wachstum – etwa durch Investitionen in Forschung und Entwicklung, in nachhaltige Produktionsverfahren, ökologischere Produkte und Infrastrukturen. Jäger spielt deren enormes Ausmaß herab, wenn er locker zum Besten gibt, ein wenig investieren wir noch, solange dies der Behebung von Schäden an Natur und Umwelt dient, und danach ist Schluss.
Was aber, wenn diese Jahrzehnte vorbei und die enormen Investitionsbedarfe gedeckt sind? Dann wäre im Idealfall eine Volkswirtschaft gegeben, die Quoten bei Erneuerbaren Energien von 100 Prozent sowie ähnliche Recycling-Quoten erreicht. In diesem Fall sehe ich gleichfalls keinen Widerspruch mehr zwischen regelmäßigem und dauerhaftem Wachstum. (Man mag an dieser Stelle unter Umständen argumentieren, dass es dann gar keine Wachstumsbedarfe mehr gebe. Auf diese Frage werde ich im dritten Abschnitt genauer eingehen.)
Ich will (den ersten Abschnitt abschließend) allerdings auch darauf hinweisen, dass es heute aus verteilungspolitischen Gründen – global wie auch im Inland – durchaus noch Wachstumsbedarfe gibt, die zumindest bei gegebenem Stand der Produktion zu einem absolut ansteigenden Ressourcenverbrauch führen werden. Auch hierauf werde ich unten im dritten Abschnitt ausführlicher eingehen.
2. Die qualitative Gestaltung von Wirtschaft
Die Frage, wie Wirtschaft und Produktion zu gestalten sind, ist mit den voranstehenden Ausführungen unmittelbar berührt. Mein ursprünglicher Text hat aufgrund seiner primär technisch-statistischen Ausrichtung nur in wenigen Worten thematisiert, dass es selbstverständlich umfassender politischer Interventionen bedarf, um Wirtschaft und Produktion entsprechend zu modellieren. Hier wäre zu denken an eine ökologisch ausgerichtete Ordnungspolitik, aber darüber hinausgehend durchaus auch an staatliche Investitionslenkung und eine stärker ressourcenbezogene Ausgaben- und Steuerpolitik. Inwiefern zudem über eine Veränderung von Eigentumsformen nachzudenken ist, wäre im Einzelfall zu prüfen.
Dass mein ursprünglicher Text hier vielleicht ausführlicher hätte argumentieren müssen, hätte Jäger durchaus kritisieren können – das macht er aber allenfalls indirekt und nur in einer Weise, die ich für unredlich halte. Zum Beispiel: An mehreren Stellen kritisiert er das Auto als verbreitetstes Fortbewegungsmittel. Dabei bezieht er sich allerdings auf Äußerungen meinerseits, die sich nicht im Mindesten positiv auf das Auto beziehen und die sich nicht einmal annähernd mit der Thematik der Gestaltung von Produktion befassen. Eine solche Textstelle bei Jäger (einschließlich seiner Zitate meines Textes) ist die Folgende:
Noch bevor er in diese letztere Debatte einsteigt, bringt er ein bezeichnendes Beispiel: 'Wer einen Verkehrsunfall mit schweren Verletzungen erleidet, wird sowohl durch die Anschaffung eines neuen Autos wie auch durch die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen zum Wachstum beitragen'; dies mehre zwar 'nicht den individuellen oder gesellschaftlichen Wohlstand', doch 'unser Unfallopfer wird froh sein, in einer Gesellschaft zu leben, die ihm (gegen Bezahlung) nicht nur ein neues Fahrzeug bietet, sondern ihm auch die Pflege-Infrastruktur und das medizinische Personal zur Wiedergenesung zur Verfügung stellen kann'. Mag sein, dass der Betreffende 'froh sein wird'! Und hinsichtlich der medizinischen Versorgung auch völlig zu Recht. Wenn er aber einfach gedankenlos froh ist, weil nach dem alten Auto sogleich ein neues zur Hand ist, und wenn Schreiner das einfach so anführen kann, in einer Debatte über das Recht oder Unrecht von Wachstumskritik, dann machen dafür wir uns unsere Gedanken. Warum bringt Schreiner das neue Auto mit der Gesundheitsversorgung überhaupt zusammen? Das ist eine Konfusion, denn er könnte ebenso gut sagen, jemand sei 'froh, in einer Gesellschaft zu leben', die ihm den Kauf des neuen Autos per Abwrackprämie 'bietet' und das Wegwerfen des alten ermöglicht, das heißt nahelegt. Sogar den verbilligten Kauf, und ganz ohne Unfall, hat er es 'geboten' bekommen!
Das von mir hier angeführte Unfallopfer hätte ohne Zweifel auch Fahrradfahrerin, Skateboarder oder auch Nutzerin des Öffentlichen Personennahverkehrs sein können. Ich will aber gerne einräumen, dass ich hier sehr bewusst das Auto als Beispiel gewählt habe. Nicht, weil ich Autofahrer wäre oder eine besondere Affinität zu Autos hätte. Nein, schlicht als eine Art Honeypot: Fällt ein Kampfbegriff, wie hier der des "Autos", so wird sofort geschimpft, anstatt die Inhalte wahrzunehmen, die ich eigentlich schildere. Dies führt Jäger geradezu beispielhaft vor.
Mag sein, dass Jäger hier eine "Konfusion" empfindet; dass für ihn etwas Positives wie "Gesundheitsversorgung" und etwas Negatives wie "Auto" schon syntaktisch nicht zusammengehört. Ich halte das für ideologisch im schlechtesten Sinne. Tatsächlich nämlich geht es an dieser Stelle überhaupt nicht um die Frage, ob wir Autos brauchen oder nicht, ob sie sinnvoll sind oder nicht. Vielmehr schildere ich schlicht den Umstand, dass das BIP kein Wohlstandsmaßstab ist. Ich tue dies, wie schon oben geschrieben, unter Bezug auf das, was das BIP ist, was es kann, was es nicht ist und was es nicht kann. Und ich tue dies mit einem Beispiel, das bisweilen "Wachstumskritiker" selbst zu Recht aufgreifen.
Hier wäre eine rationalere und unaufgeregtere Lektüre angebracht. Bei aller Wertschätzung für Jägers eigentliche Intention, meinen Text ernst zu nehmen: Mein Argument zu ignorieren und stattdessen über einen einzelnen Begriff zu schimpfen, der hinsichtlich des vorgebrachten Arguments völlig beliebig ist, ist unredlich. Oder nochmal in seinen eigenen Worten: Jäger zeichnet ein "Zerrbild" und widerlegt "diesen Popanz dann mit Grandezza."
Eine ähnliche Textstelle ist die folgende:
'Die Forderung vieler 'Wachstumskritiker' nach mehr Ehrenamt und Selbstversorgung bedeutet [...] nichts anderes als die Weiterführung bisher am Markt erbrachter Produktion fernab des Marktes. Umweltfreundlicher wird das Produzieren dadurch nicht' - aber glaubt Schreiner denn, irgendwelche Wachstumskritiker würden zum Beispiel die Autoproduktion in Selbstversorgung 'weiterführen'?
An dieser Textstelle wiederholt sich im Grunde, was ich eben schon beschrieben habe, daher kann ich es kurz machen: Ich argumentiere gegen ein gängiges Argument der "Wachstumskritiker", indem ich auf das Bruttoinlandsprodukt verweise. Hier als Hinweis auf eine von vielen "wachstumskritischen" Argumentationen, die folgen, wenn man das BIP kritisiert, aber als statistisches Konstrukt nicht verstanden hat. Vom Auto spreche ich nicht einmal. Jäger aber nimmt mein Argument gar nicht auf, sondern schimpft über das Auto.
Gut, damit wäre auch meine Kritik an Jägers Argumentationsweise formuliert. Auch das gehört zu einer ernsthaften Diskussion. Ebenso gehört dazu aber auch, die tatsächlichen Intentionen des Gegenübers erfassen zu wollen, und dies will ich im Folgenden versuchen. Bei Jäger dürfte an den genannten (und weiteren) Stellen das Folgende intendiert sein: Er will die Frage thematisieren, wie Wirtschaft und Produktion qualitativ gestaltet werden sollen (einschließlich der Frage, welche Produkte sinnvoll sind und welche nicht).
Nun, Jäger hat durchaus Recht mit dieser Intention. Selbstverständlich muss sich eine Gesellschaft die Frage stellen, welche Produkte sie in welcher Weise und in welchem Umfang produziert. Und auch ich kann mir intelligentere Massen-Verkehrssysteme vorstellen als den motorisierten Individualverkehr. Nur widerspricht das nicht im Mindesten dem, was ich geschrieben habe: Auf die konkrete Frage, welche Produkte sinnvoll sind und welche nicht, bin ich nämlich nur sehr allgemein und ohne Nennung von Beispielen eingegangen.
Und zwar zu Recht. Denn was mich interessiert, ist schlicht die Frage, ob eine pauschale und undifferenzierte "Wachstumskritik" überhaupt Sinn macht. Vor diesem Hintergrund ist auch mein von Jäger kritisierter Satz richtig:
Die pauschale und undifferenzierte Forderung nach einem Ende des Wachstums interessiert sich nicht dafür, in welchen Bereichen eine Volkswirtschaft schrumpfen soll.
Meine Betonung liegt hier auf "pauschal und undifferenziert".
In dem Moment, in dem aber nicht mehr Wachstum allgemein und pauschal kritisiert wird, sondern einzelne Produkte oder Produktionsverfahren betrachtet werden, ist die genannte Fragestellung verlassen. Dann wird nicht mehr pauschalisiert, sondern differenziert. Dass ich bestimmte Produktionsverfahren und Produkte für besser halte als andere, geht aus meinen obenstehenden Ausführungen ebenso hervor wie aus meinem ursprünglichen Text. Selbstverständlich gibt es – vereinfacht gesagt – "gutes" und "schlechtes" Wachstum. Mit der berechtigten Ablehnung von "schlechtem" Wachstum lässt sich allerdings schon argumentationslogisch nicht die Ablehnung von jeglichem Wachstum begründen.
Der Dissens zwischen Jäger und mir besteht aus meiner Sicht im Kern in der Frage, ob es regelmäßiges (dauerhaftes) Wachstum geben kann, das zugleich "gutes" Wachstum ist. In der Tat meine ich, dass dies im Grunde möglich ist, sofern wir unter "gutem Wachstum" ein Wachstum verstehen, das
- Natur und Umwelt Schäden maximal in einem Umfang zufügt, in dem es zugleich Schäden beheben kann, hierzu verweise ich auf meine obenstehenden Ausführungen,
- sowie soziale Kriterien und Verteilungskriterien berücksichtigt, auf die ich in meinem ursprünglichen Text ausführlicher eingegangen bin.
Wenn ich nun schreibe, dass ich ein dauerhaft qualitatives und nachhaltiges Wachstum im Grunde für möglich halte, dann wären die Bedingungen zu prüfen, die dafür gegeben sein müssten. Dass ich Märkte alleine für Mechanismen halte, die dem entgegen stehen, habe ich in meinem ursprünglichen Text an zwei Stellen explizit und mehrfach implizit formuliert. Anstatt aber diesen meinen Vorbehalt gegenüber der Kapitalverwertungslogik zur Kenntnis zu nehmen, reagiert Jäger mit "einer charakteristischen und wohlbekannten Verkürzung" auf meine Forderung, zwischen sinnvollem und nicht sinnvollem Wachstum zu differenzieren:
Wer eine solche Differenzierung vornimmt und weiter nichts, der spricht undifferenziert, da er das Entscheidende unter den Tisch fallen lässt, die Frage nämlich, ob das qualitative Wachstum dann geschehen soll, wenn es gute Gründe dafür gibt, oder ob es regelmäßig geschehen soll. Wo es regelmäßig geschieht, geschieht es deshalb, weil die Kapitallogik mit ihrem Wachstumszwang dahinter steht. Darüber wäre zu sprechen.
In Ordnung, sprechen wir darüber. Schauen wir uns das Bild genauer an, das Jäger hier vom "Wachstumszwang" zeichnet. Er stellt eine eindeutige Kausalität her: Wenn regelmäßiges Wachstum vorliegt, dann steht dahinter die Kapitallogik. Umgekehrt bedeutet dies aber: Wenn keine Kapitallogik, dann kein regelmäßiges Wachstum. Schon dies halte ich für falsch. Regelmäßiges Wachstum gab und gibt es auch in nichtkapitalistischen Gesellschaften. Nicht wenige davon hätten sich sogar noch mehr regelmäßiges Wachstum gewünscht – wer weiß, vielleicht wären sie dann heute noch existent. Jägers implizite Hoffnung, die Kapitallogik abzuschaffen und damit das regelmäßige Wachstum los zu sein, halte ich bestenfalls für naiv.
Es ist in Jägers Augen auch die Kapitallogik, die einen Nexus herstellt zwischen wachsendem Ressourcenverbrauch und regelmäßig wachsender Wirtschaft:
Schreiner indes glaubt einfach zusammenfassen zu dürfen, einen 'methodischen, systematischen und zwingenden Nexus zwischen dem statistischen Indikator 'Wachstum'', das heißt dem wachsenden BIP, 'und dem Ressourcenverbrauch bzw. der Umweltbelastung gibt es also nicht.' Aber er hat sich gar nicht gefragt, ob es den 'Nexus' gibt oder nicht gibt. Ganz richtig stellt er zwar fest, das sei zunächst nur eine Korrelation und kein Beweis für einen Kausalzusammenhang. Aber ganz als ob es nie Korrelationen gäbe, die tatsächlich durch einen Kausalzusammenhang begründet sind, lässt er es dabei bewenden. Er fragt nicht, ob es ein Drittes geben könnte, durch welches sowohl das BIP-Wachstum als auch die Umweltbelastung verursacht sein könnte. Dieses Dritte ist eben das Kapital, das den unendlichen Mehrwert anstrebt und daher unter dem Selbstzwang steht, regelmäßig wachsen zu müssen.
Interessant an diesem Zitat ist zunächst, dass Jäger meiner Feststellung zustimmt, zwischen Wachstum und Ressourcenverbrauch gibt es keinen direkten Kausalzusammenhang. Das ist mehr, als die meisten "Wachstumskritiker" zugestehen würden.
Jäger stört allerdings, dass ich mich hier nicht frage, weshalb Wachstum und zunehmender Ressourcenverbrauch dennoch empirisch und historisch miteinander einhergehen – wie diese Korrelation also zustande kommt. Nun, um es noch einmal zu sagen: Mein Argument an dieser frühen Stelle des ursprünglichen Textes ist ein statistisches, ein technisches. Im Mittelpunkt meiner Analyse steht hier der Begriff des BIP als statistischem Konstrukt – und die Frage, was es aussagt und was nicht. Nicht mehr und nicht weniger. Dies ist der Grund, weshalb ich keine weitergehende Analyse vorgenommen habe – an dieser Stelle!
Warum betone ich "an dieser Stelle"? Weil Jäger unterstellt, ich würde vom Kapital überhaupt nicht sprechen. Ich spreche nicht mit seinen Worten davon, das ist richtig. Und ich mache es nicht an dieser Stelle, das ist auch richtig. Eine aufmerksame Lektüre meines Textes zeigt aber: Eine Kritik an Kapital- und Marktmechanismen findet sich, wie gesagt, zwei Mal explizit und mehrfach implizit. Auch wenn für Jäger das alles nun vermutlich nicht radikal, revolutionär und marxistisch genug ist, sehe ich hier durchaus eine gewisse inhaltliche Nähe. Eine Differenz allerdings gibt es zwischen ihm und mir sicherlich in der Frage, ob es gelingen kann, die Markt-/Kapitallogik derart auszubremsen, dass regelmäßiges Wachstum und ökologische Nachhaltigkeit (im oben beschriebenen Sinne) miteinander vereinbar werden. Ich halte das für möglich und sogar für die einzig realistische Option. Er offensichtlich nicht.
3. Die ideologischen Grundlagen der "Wachstumskritik"
Werfen wir nochmal einen Blick zurück auf die eben genannten Zitate. Wenn Jäger dort vom "unendlichen Mehrwert" oder auch von der "Kapitallogik" spricht, dann deutet sich seine marxistische Grundposition zumindest an. Mehrfach in seinem Text formuliert er diese auch explizit. Fragwürdig wird es allerdings, wenn er den "Wachstumskritikern" insgesamt unterstellt, auch sie würden dieser marxistischen Grundhaltung folgen:
Es ist wahr, man kritisiert oft einfach 'das unendliche Wachstum'. Aber wer der 'seltsamen Debatte' wirklich nachgeht, wird bald feststellen, dieser Ausdruck ist eine Abkürzung. Was die Wachstumskritiker wirklich kritisieren, ist eine Produktionsweise, die auf den unendlichen Mehrwert zielt, der eben auf der Basis einer Bankkundenberatung ohne geldkräftige Banken nicht möglich wäre. Der Ausdruck ist letztlich eine Abkürzung für diesen Satz von Karl Marx: 'Das Kapital als solches setzt nur einen bestimmten Mehrwert, weil es den unendlichen nicht at once setzen kann; aber es ist die beständige Bewegung, mehr davon zu schaffen.' (MEW 42, S. 253)
Hier ist der Wunsch Vater des Jägerschen Gedankens. Richtig ist sicherlich, dass viele "Wachstumskritiker" eine diffuse antikapitalistische Grundhaltung teilen. "Diffus" meine ich hier nicht despektierlich, sondern ich will damit lediglich verdeutlichen, dass diese Haltungen sehr vielfältig, aber überwiegend nicht-marxistisch sind. Damit bestreite ich nicht, dass es "Wachstumskritiker" gibt, die einen marxistischen Hintergrund haben. Sie sind aber eine Minderheit. Eine Minderheit übrigens, die immerhin ein Gespür für soziale und verteilungspolitische Implikationen mitbringt – das unterscheidet sie von dem allergrößten Teil der nichtmarxistischen "Wachstumskritiker". Insofern sehe ich hier durchaus inhaltliche Anknüpfungspunkte.
Nein, die Wurzeln der allermeisten "Wachstumskritiker" sind andere. Deren Vielfalt hat (meines Wissens) niemand besser beschrieben als Matthias Schmelzer und Alexis J. Passadakis. Beide sind "wachstumskritisch", und beide denken links. Sie schreiben in ihrer im Internet breit gestreuten Reaktion (Link) auf Albrecht Müllers auf den "Nachdenkseiten" geäußerte Kritik an der "Wachstumskritik":
[...] gibt es sehr unterschiedliche und gegensätzliche Strömungen in der aktuellen wachstumskritischen Debatte. Neoliberale und konservative Wachstumskritiker wie Meinhard Miegel nutzen ökologisch motivierte wachstumskritische Argumente, um in den altbekannten reaktionären Chor des 'Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt' oder 'Wir müssen den Gürtel enger schnallen' einzustimmen und Wachstumskritik zum Rechtfertigungsinstrument von Sozialabbau zu machen. Dies ist arbeitnehmer- und sozialstaatsfeindlich. Auch bei einigen öko-liberalen Wachstumskritikern gibt es fragwürdige Positionierungen. [...] Die mangelnde Abgrenzung von Angelika Zahrnt (BUND) und anderen ökologisch motivierten Wachstumskritikern finden wir problematisch und unverständlich und haben dies auch öffentlich artikuliert.
Die wesentlichsten ideengeschichtlichen Wurzeln der "Wachstumskritik" sind nichtmarxistisch. Anstatt ein "Zerrbild" zu zeichnen, demzufolge dem Nicht-Marxisten Schreiner eine Phalanx von marxistischen "Wachstumskritikern" gegenübersteht, wäre es sinnvoller, sich diese Wurzeln genauer anzusehen.
Deren beide wichtigsten scheinen mir die Umweltökonomie und eine diffuse Kapitalismuskritik zu sein.
- Die überwiegend "wachstumskritische" Umweltökonomie, die sich als Teil der unorthodoxen Wirtschaftswissenschaften versteht, beruht im Wesentlichen auf Überlegungen Nicholas Georgescu-Roegens. Er brachte als erster Ökonom den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik in die Wirtschaftswissenschaften ein. Auf seine wirtschaftstheoretisch gewendeten Ausführungen zur Entropie berufen sich direkt oder indirekt alle, die von stofflich bedingten Grenzen des Wachstums ausgehen. Wer meinen oben formulierten Anspruch eines möglichst vollständigen Recyclings widerlegen möchte, wird dies unter (explizitem oder implizitem) Verweis auf dieses Gesetz bzw. seine umweltökonomischen Derivate tun. – Von der von Jäger implizit aufgestellten Forderung nach Abschaffung der Kapitallogik liest man in umweltökonomischen Schriften hingegen eher selten. Georgescu-Roegen hat ganz im Gegenteil den meisten marxistischen Ökonomen einen übermäßigen Technologie-Optimismus attestiert.
- Die diffuse Kapitalismuskritik, von der ich oben gesprochen habe, mag marxistische Einflüsse haben. Im Kern ist sie aber nicht marxistisch, sondern steht in der langen Tradition einer Zins- und Geldkritik. Zu dieser Tradition und den Unterschieden gegenüber seiner eigenen Position hat Marx ja selbst genug geschrieben. Dieser Streit wird bis heute weitergeführt – seitens der Marxistinnen und Marxisten häufig mit dem Vorwurf einer "charakteristischen und wohlbekannten Verkürzung" der Kapitalismuskritik.
Daneben gibt es noch eine dritte Denkschule, die ich abschließend etwas ausführlicher darstellen möchte. Gemeint sind jene "Wachstumskritiker", die sich auf das Sättigungstheorem John Maynard Keynes' berufen. Sie gehen davon aus, dass ab einem bestimmten Niveau und Ausmaß der Produktion in einer Volkswirtschaft eine Sättigung eintritt, da materielle Bedürfnisse zunehmend befriedigt sind und nicht-wachstumsrelevante Bedürfnisse (etwa Freizeit, Muße, Liebe) an Bedeutung zunehmen. Die volkswirtschaftliche Nachfrage bleibe dann hinter den Produktionsmöglichkeiten immer weiter zurück und würde schließlich stagnieren. Entsprechend fiele damit auch das Wachstum immer geringer aus und käme schließlich zum Stillstand. (Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass solche Überlegungen durchaus nicht nur auf keynesianische, sondern in geringerem Umfang auch auf umweltökonomische Ideen zurückgeführt werden können.)
Diese Position unterscheidet sich von allen bisher genannten, wie auch vom Rest der "Wachstumskritik", in einem Punkt sehr fundamental: Wer sich auf das Sättigungstheorem beruft, geht davon aus, dass der Zustand des "Postwachstums" von selbst kommt. Der Weg dorthin wird als IST beschrieben. Hingegen argumentieren die anderen "Wachstumskritiker" normativ: Für sie soll "Postwachstum" aktiv herbeigeführt werden – je nach politischer Haltung durch staatsinterventionistische Vorgaben, durch radikalen Verzicht auf Umverteilung oder durch Abschaffung des Kapitalismus. Der Weg dorthin wird als SOLL beschrieben.
Genau dieser Unterschied ist entscheidend. Vielleicht stagniert die Wirtschaft in modernen entwickelten Volkswirtschaften irgendwann – so what? Ändern werden wir dies nicht können. Aber: Selbst wenn dem irgendwann tatsächlich so sein sollte, ist dies kein Grund, eine Stagnation künstlich und aktiv herbeizuführen. Schon gar nicht in einer von sozialer Ungleichheit und ökologischer Zerstörung geprägten Gesellschaft.
Als empirischer Beleg für einen "natürlichen" Stagnationszustand wird häufig auf die abnehmenden Wachstumsraten in modernen Industriegesellschaften verwiesen. Ein Punkt, dem sich auch weit über keynesianische Sättigungstheoretikerinnen und –theoretiker hinaus auch andere "Wachstumskritiker" anschließen. Gerne auch mit dem zusätzlichen Hinweis auf den immer krisenhafteren Kapitalismus.
Nun überrascht es allerdings nicht wirklich, dass ein vom Krieg zerstörtes Europa oder dass Schwellenländer stärker wachsen als entwickelte Industriestaaten. Die in den letzten Jahrzehnten extrem schlechten Wachstumsraten (gerade auch in Deutschland) und die immer häufigeren Krisen des Kapitalismus dürften allerdings in erster Linie auf eine Form der (De-) Regulierung des Kapitalismus zurückzuführen sein, die wir gemeinhin als "Neoliberalismus" bezeichnen. In aller Verkürzung: Ungleichheit bremst das Wachstum, Deregulierung macht den Kapitalismus noch unsicherer, als er ohnehin schon ist. Diese Entwicklungen sind nicht natürlich, sondern Ergebnisse politischer – neoliberaler – Entscheidungen.
Genau dies ist der Grund dafür, dass ich oben bekundet habe, durchaus noch ein großes Wachstumspotential zu sehen. Ein Wachstumspotential eben, das auch soziale und verteilungspolitische Ursachen hat. Wir leben in derart von Ungleichheit geprägten Gesellschaften, dass eine radikale Umverteilung von oben nach unten mehr als wünschenswert wäre. Die aber hätte aufgrund der damit geschaffenen zusätzlichen Nachfrage nicht weniger, sondern – zumindest kurz- und mittelfristig – deutlich mehr Wachstum zur Folge. Wenn Gelder, die sich heute auf Wertpapier-Depots und Konten der Reichen ansammeln, nach und nach durch die breite Bevölkerung ausgegeben würden, würde dies unmittelbar zur Ausweitung der Kapazitäten und zur Produktion zusätzlicher Waren und Dienstleistungen führen. Wachstum wäre die Folge. Ähnliche Effekte hätte eine egalitärere Einkommensverteilung. Möglicherweise ist ja genau das der Grund, weshalb sich viele "Wachstumskritiker" mit der Forderung nach Umverteilung (von der wachstumssenkenden radikal-verkürzenden Umverteilung der Arbeit abgesehen) so schwertun.
Und das, lieber Herr Jäger, ist wiederum genau der Hauptgrund, weshalb ich für mich persönlich durchaus Schwierigkeiten sehe, "zusammen mit den Wachstumskritikern für gute soziale Implikationen zu sorgen". Was nicht bedeutet, dass man nicht miteinander diskutieren und Lösungen für anstehende Probleme suchen kann und sollte – und zwar vor allem mit der linken Minderheit der "Wachstumskritiker". Aus diesem Grund habe ich mich auch über Ihre "Einwände" gefreut.
Patrick Schreiner ist Gewerkschafter und Publizist aus Bielefeld/Berlin. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Wirtschaftspolitik, Verteilung, Neoliberalismus und Politische Theorie.